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Vier Fakten: Sind Computerspiele gut fürs Hirn?

Beyond Science

Viele Computerspiele sollen das Gehirn trainieren. Spielerisch die eigene Denkfähigkeit verbessern – das klingt verlockend. Doch funktioniert es auch?

Der Markt der Videospiele ist so erfolgreich wie kein anderer in der Unterhaltungsindustrie. 2024 wird der weltweite Umsatz bei schätzungsweise 260 Milliarden Euro liegen. Davon entfallen rund 14 Milliarden Euro auf die sogenannten Serious Games, die nicht primär auf unterhaltenden Zeitvertreib zielen. Diese Spiele sollen beispielsweise Bildung vermitteln oder das Gehirn trainieren. Doch das überzeugt Forschende nur bedingt.

1. Kommerzielle Lernspiele: große Versprechen, wenig Belege

„Es liegt nahe, Grundlagen aus den Neurowissenschaften in Lernmethoden und -spiele zu übertragen“, sagt Uwe Ilg. Er ist Leiter der Arbeitsgruppe Okulomotorik und des Schülerlabors Neurowissenschaften am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung in Tübingen. „Diese zu einfache Übertragung bezeichnen wir oft als Neuromythen. “ Das Problem: Die Wirksamkeit der meisten kommerziell angebotenen „Brain Games“ sei nicht wissenschaftlich belegt, so der Experte. In Studien wurden viele Theorien, auf denen diese Spiele basieren, widerlegt. Etwa die Idee, dass es bei Menschen verschiedene Lerntypen gibt oder spezifische Phasen, in denen man immer besser lernen kann. 2016 wurde das Unternehmen Lumosity, Anbieter von Gehirntrainingprogrammen, zu einer Strafzahlung von zwei Millionen US-Dollar verurteilt. Die Begründung der US-amerikanischen Verbraucherschutzbehörde Federal Trade Commission: Lumosity warb mit falschen Behauptungen für seine Produkte.

2. Brain Games können therapeutisch eingesetzt werden

„Es gibt sehr viele Spiele auf dem Markt, deren Wirkung nicht evidenzbasiert ist“, sagt auch Susanne Jaeggi, habilitierte Psychologin und Neurowissenschaftlerin an der Northeastern University in Boston, Massachusetts. Sie entwickelt Spiele, die es besser machen sollen. Mit Erfolg: „Wir konnten zeigen, dass Menschen durch das Spielen ihre Exekutivfunktionen trainieren können.“ So verbesserten Senioren in den Studien ihre Fähigkeit, Probleme zu lösen, und Kinder mit ADHS ihre Konzentrationsfähigkeit. Jaeggi sieht das Potenzial von Brain Games also in spezifischen Fällen wie diesen und weniger in der Anwendung für Durchschnittsbürger, die ihr Gehirn trainieren wollen. „Dort sind die Verbesserungen oft so subtil, dass sie nur mit viel Aufwand messbar sind.“ Ebenfalls denkbar sei es, Spiele gezielt für bestimmte Berufsgruppen zu entwickeln, etwa für Fluglotsen, die über sehr lange Zeiträume hoch konzentriert arbeiten müssen.

3. Auch Unterhaltungsspiele verändern das Gehirn

Serious Games werben damit, das Gehirn auf Trab zu bringen. Unterhaltungsspiele dagegen sollen vor allem Spaß machen. Ob und wie sie sich dabei auf unser Gehirn auswirken, wird in der Forschung heiß diskutiert. Unumstritten ist dabei das Konzept der Neuroplastizität: Unser Denkorgan ist veränderlich, es passt sich an seine Aufgaben an. Und tatsächlich zeigen viele Studien einen Zusammenhang zwischen dem Gaming und der Verbesserung kognitiver Fähigkeiten wie der Aufmerksamkeitsspanne oder der räumlichen Orientierung. Die Kritik: Häufig stellen die Studien nur einen korrelativen, keinen kausalen Zusammenhang fest. Zudem lassen sich die beobachteten Trainingseffekte häufig nicht auf den Alltag übertragen. Allerdings zeigte ein Team um Benoit Bediou von der University of Geneva 2023 im Rahmen einer Metaanalyse, dass das Spielen von Action Video Games (AVG) in der Tat kognitive Fähigkeiten verbessern kann – etwa die visuelle Aufmerksamkeit und das räumliche Denken. Als AVG gelten Spiele, die Reaktionsschnelle und Geschicklichkeit von den Spielern fordern.

4. Gaming kann süchtig machen

Was den Transfer von erlernten Fähigkeiten auf andere Bereiche des Lebens angeht, kommt die Forschung zu positiven Auswirkungen des Gamings bisher zu heterogenen Ergebnissen. Eine negative Folge sei dagegen gut belegt, sagt Christian Montag, Professor für Molekulare Psychologie an der Universität Ulm: „Computerspielsucht wurde 2019 von der Weltgesundheitsorganisation WHO offiziell als psychische Erkrankung anerkannt.“ Darüber werde im Zusammenhang mit Gaming zu wenig gesprochen, so Montag. Eine Studie seiner Forschungsgruppe zeigt, dass exzessives Spielen eventuell mit einer Reduktion des Gehirnvolumens in Teilen des orbitofrontalen Kortex einhergeht. Das Areal spielt möglicherweise eine Rolle bei der Entwicklung von Suchtverhalten.

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